Sa 16. Jan 2021, 13:35
Sa 16. Jan 2021, 13:35
Sa 16. Jan 2021, 20:00
Zeitungsjunge hat geschrieben:In den Dörfern gehörte früher das Barfußlaufen für Kinder zum Alltag mindestens von Frühling bis Herbst. Schuhe gab es in dieser Zeit nur zu besonderen Anlässen, oder sie waren ein Kennzeichen für die Familien von "besseren Leuten" wie Arzt, Apotheker oder Gutsbesitzern. Die übrigen Kinder liefen barfuß, beim Spielen genau so wie bei den Arbeiten, durch die sie ihre Familien schon mit versorgten.
Ihre nackten Füße mussten dabei mit allem zurecht kommen, was zum Landleben gehört, vom Mist in den Ställen über harte oder matschige Feldern bis zu überfrorenen Viehweiden im Herbst. Die Erwachsenenen schützten hier zwar ihre eigenen Füße in Schuhen, ließen die Kinder aber bedenkenlos barfuß laufen. Dabei spielten Armut und Sparsamkeit eine Rolle, weil es vielleicht nur ein Paar oder gar keine Schuhe für die Kinder gab, aber es wurde auch keine Notwendigkeit gesehen, die Füße der Kinder zu schützen. Sie gewöhnen sich an nahezu alles, wenn Kinder ständig barfuß laufen, das wussten die Erwachsenen aus der eigenen Kindheit.
Wie Kinder ihre Füße trainierten und ihre Sohlen abhärteten, um überall barfuß laufen zu können, beschreibt Walter Hösl für die Kindheit in den 1940er und 1950er Jahren in der bayrischen Hallertau:
"Nach der Getreideernte bin ich wie andere Kinder auch, nachdem der Bauer das Feld abgerecht hatte, zum Ehern gegangen. Bevor der Bauer, dem das Getreidefeld gehörte, dieses nach dem Heimfahren der Garben abgerecht hatte, war es verboten, die noch liegen gebliebenen Ähren zu sammeln. Sobald ein Bauer mit dieser Arbeit fertig war, sind wir Kinder auf dieses Feld zum Ehern gekommen.
Bei dieser Tätigkeit waren wir Kinder nicht nur stolz darauf, nach einem langen, arbeitsreichen Nachmittag volle Säcke oder große Bündel mit Getreideähren nach Hause zu bringen und von den Eltern entsprechend gelobt zu werden. Stolz waren wir vor allem deswegen, weil wir barfuß über die Stoppelfelder laufen konnten, ohne uns die Füße und Zehen an den harten und scharfen Stoppeln der kurz über der Erde abgemähten Getreidehalme zu verletzen.
Eine besondere Technik half dabei: Man musste die Zehen möglichst fest zusammenkrallen, damit die weichen Hautteile unter den Zehen geschützt blieben. Die Ferse, die Fußsohlen und die Zehenballenwaren durch das Barfußlaufen seit dem Frühjahr bereits von einer harten Haut überzogen und so geschützt. Wer seine Füße, nachdem er den ganzen Tag barfuß gelaufen ist, am Abend nicht ordentlich gewaschen hat, der konnte zur Zeit des Eherns bereits einen richtigen Bamhackl haben. Bei einem Bamhackl ist die Haut an den Fußsohlen besonders dick und hart, kann aber auch leicht Risse bekommen (Schmeller, Bauyerisches Wörterbuch, Bd. 1/1, Sp. 240)."
Der Bericht zeigt auch, dass für die Kinder selbst das Barfußlaufen nichts Schlimmes war, obwohl es wegen der Armut oder Sparsamkeit ihrer Eltern keine Alternative dazu gab. Sie mussten barfuß laufen, aber sie waren damit einverstanden und stolz darauf, abgehärtete Füße zu haben und überall barfuß laufen zu können. Es war gut für ihr Selbstbewusstsein, wenn sie den Gleichaltrigen, aber auch den Erwachsenen zeigten, dass sie keine Schuhe brauchten.
Sa 16. Jan 2021, 22:22
Khu hat geschrieben:Das hatte mich nun interessiert und da habe ich gleich das hier gefunden:
https://www.br.de/br-fernsehen/sendunge ... mi100.html
Das "Bamhackl" hat also nix spezeiell mit Füßen zu tun - mein erster Gedanke war, "Bam" von Baum und "Hackl" von Hacken, also "Hacken wie eine Baumrinde", aber es kommt wohl von "Baum" und "Axt" --> rissige Haut im allgemeinen, die aussieht, als hätte man eine Baumrinde mit dem "Hackl", also der Axt, bearbeitet.
So 17. Jan 2021, 01:03
Jojo hat geschrieben:Dann habe ich meine Oma gefragt. Die kannte den aber sie verwendet ihn eigentlich nicht mehr. Sie meint aber dass meine Hornhautrisse noch kein richitger Bamhackl wären. Schnief!
Di 19. Jan 2021, 16:23
Do 28. Jan 2021, 10:02
Jojo hat geschrieben:Da kann sogar ich als Bayer noch etwas lernen. Ich kannte den Ausdruck nicht. Dann habe ich meine Oma gefragt. Die kannte den aber sie verwendet ihn eigentlich nicht mehr. Sie meint aber dass meine Hornhautrisse noch kein richitger Bamhackl wären. Schnief!
Do 28. Jan 2021, 10:48
Jojo hat geschrieben:Da kann sogar ich als Bayer noch etwas lernen. Ich kannte den Ausdruck nicht. Dann habe ich meine Oma gefragt. Die kannte den aber sie verwendet ihn eigentlich nicht mehr.
Do 28. Jan 2021, 16:03
Khu hat geschrieben:Das ist also wohl die alte bezeichnung für "schrunden" und steht tatsächlich unter dem Stichwort "Baum". Ich finde, man sollte die Schrunden auch allgemein (z.B. an den Händen) als "Schrunden" bezeichnen und den Begriff "Bamhackl" wieder einführen speziell für rissige, hornige Barfussfüße.
Do 28. Jan 2021, 22:31
Khu hat geschrieben:Jojo hat geschrieben:Da kann sogar ich als Bayer noch etwas lernen. Ich kannte den Ausdruck nicht. Dann habe ich meine Oma gefragt. Die kannte den aber sie verwendet ihn eigentlich nicht mehr. Sie meint aber dass meine Hornhautrisse noch kein richitger Bamhackl wären. Schnief!
Ich finde die Bezeichnung gut und finde, man sollte die auch heute unter Barfussläufern wieder benutzen, als bezeichnug für eine richtig verhornte und rissige Sohle. Fraglich, ob es heute noch echte Bamhackl gibt. Interessant, dass in diesem Bericht eine Verbindung zwischen der Entwicklung eine Bamhackl und dem nicht-waschen der Füße gestellt wird. Das habe ich so noch nicht feststellen können, aber habe das gefühl, dass es stark vom Boden abhängt. Wenn man auf Lehmböden arbeitet und die füße dann nicht wäscht, sondern den Schlamm eintrocknen lässt, dass kann es sein, dass die Risse besser werden. Das kann ich aber nur machen, wenn ich im Garten schlafe, da ich zu Hause das Bett nicht versauen mag. Damals hat man das aber sicherlich auch zu Hause machen können, aber es scheint individuell unterschiedliche gewesen zu sein. Manche kinder haben sich offensichtlich die Füße weniger gründlich gewaschen als andere.
So 31. Jan 2021, 13:11
So 31. Jan 2021, 17:02
Feet01 hat geschrieben:Die Arbeiter Kinder waren doch früher auch in den Städten barfuß und hatten bestimmt auch das die immer barfuß gelaufen sind abgehärtete Fußsohlen.
So 31. Jan 2021, 17:21
So 31. Jan 2021, 17:28
tiptoe hat geschrieben:Richtig, leider bedeutete "Arbeiterkinder" allzu oft, dass ihr leben nicht etwa aus schule und freizeit bestand, sondern sie schon sehr jung teils gefährliche arbeiten in fabriken und bergwerken machen mussten und so zum kargen familieneinkommen beitrugen. Das bild könnte so eine fabrikbelegschaft zeigen. Kinderarbeit wurde in Deutschland erst 1904 (in familienbetrieben 1906) abgeschafft, in der landwirtschaft bestand sie noch deutlich länger.
Mo 1. Feb 2021, 20:06
tiptoe hat geschrieben:Richtig, leider bedeutete "Arbeiterkinder" allzu oft, dass ihr leben nicht etwa aus schule und freizeit bestand, sondern sie schon sehr jung teils gefährliche arbeiten in fabriken und bergwerken machen mussten und so zum kargen familieneinkommen beitrugen. Das bild könnte so eine fabrikbelegschaft zeigen.
Kinderarbeit wurde in Deutschland erst 1904 (in familienbetrieben 1906) abgeschafft, in der landwirtschaft bestand sie noch deutlich länger. https://de.wikipedia.org/wiki/Kinderarbeit
Kinderarbeit im bergwerk ca. 1850, die stollen waren für erwachsene zu eng und es war heiß, die kinder arbeiteten barfuß, mit nacktem oberkörper und ohne jegliche schutzausrüstung:
Mo 1. Feb 2021, 22:26
Khu hat geschrieben:Auch da haben wir in Deutschland überraschenderweise einen Vorteil, vor allem bedingt durch die Regulierungen und Sozialabsicherungen, die ab Reichsgründung eingeführt werden. In Großbritannien war es z.B. noch lange üblich, dass Kinder zum Kaminkehren einsetzt wurden, als es in Deutschland schon Vorschriften für Schutzkleidung der Erwachsenen Kaminkehrer gab. Mit 1904 war Deutschland recht früh bei der Abschaffung der Kinderarbeit - selbst in den USA ist sie in Famlienzusammenhängen heute noch erlaubt, sogar, seine Kinder dafür aus der Schule zu nehmen!
Ich vermute, das eine Bild oben ist aus einer US-Amerikanischen Baumwollfabrik, das war lange ein typischer Arbeitsplatz für Kinder. Die arbeiten dort barfuss, weil die Stiefel damals mit Metall beschlagen waren und Funken schlagen können, die dann die Mischung aus Öl und Baumwolle auf dem Boden entzünden konnten.
Di 2. Feb 2021, 09:53
Zeitungsjunge hat geschrieben:Khu hat geschrieben:Auch da haben wir in Deutschland überraschenderweise einen Vorteil, vor allem bedingt durch die Regulierungen und Sozialabsicherungen, die ab Reichsgründung eingeführt werden. In Großbritannien war es z.B. noch lange üblich, dass Kinder zum Kaminkehren einsetzt wurden, als es in Deutschland schon Vorschriften für Schutzkleidung der Erwachsenen Kaminkehrer gab. Mit 1904 war Deutschland recht früh bei der Abschaffung der Kinderarbeit - selbst in den USA ist sie in Famlienzusammenhängen heute noch erlaubt, sogar, seine Kinder dafür aus der Schule zu nehmen!
Ich vermute, das eine Bild oben ist aus einer US-Amerikanischen Baumwollfabrik, das war lange ein typischer Arbeitsplatz für Kinder. Die arbeiten dort barfuss, weil die Stiefel damals mit Metall beschlagen waren und Funken schlagen können, die dann die Mischung aus Öl und Baumwolle auf dem Boden entzünden konnten.
Ich befasse mich viel mit Geschichte, aber das wusste ich nicht. Vielen Dank für die interessanten Informationen.
Di 2. Feb 2021, 10:19
Di 2. Feb 2021, 10:23
Khu hat geschrieben:Auch da haben wir in Deutschland überraschenderweise einen Vorteil, vor allem bedingt durch die Regulierungen und Sozialabsicherungen, die ab Reichsgründung eingeführt werden. In Großbritannien war es z.B. noch lange üblich, dass Kinder zum Kaminkehren einsetzt wurden, als es in Deutschland schon Vorschriften für Schutzkleidung der Erwachsenen Kaminkehrer gab. Mit 1904 war Deutschland recht früh bei der Abschaffung der Kinderarbeit - selbst in den USA ist sie in Famlienzusammenhängen heute noch erlaubt, sogar, seine Kinder dafür aus der Schule zu nehmen!
Ich vermute, das eine Bild oben ist aus einer US-Amerikanischen Baumwollfabrik, das war lange ein typischer Arbeitsplatz für Kinder. Die arbeiten dort barfuss, weil die Stiefel damals mit Metall beschlagen waren und Funken schlagen können, die dann die Mischung aus Öl und Baumwolle auf dem Boden entzünden konnten.
Di 2. Feb 2021, 13:03
tiptoe hat geschrieben:Die geschichte mit steckengebliebenen kinderleichen erscheint mir allzu schauderhaft, gibt es dafür eine quelle? Dass allerdings kinder in die sehr engen schornsteine klettern mussten, um diese zu reinigen, eine harte, dreckige und ungesunde arbeit, ist verbürgt, darüber gibt es auch romane und filme ("Die schwarzen Brüder").
Mi 3. Feb 2021, 14:23
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