Wie Barfußkinder in Dörfern früher ihre Sohlen abhärteten




Hier könnt ihr Geschichten von Barfußkindern schreiben.

Wie Barfußkinder in Dörfern früher ihre Sohlen abhärteten

Beitragvon Zeitungsjunge » Sa 16. Jan 2021, 13:35

In den Dörfern gehörte früher das Barfußlaufen für Kinder zum Alltag mindestens von Frühling bis Herbst. Schuhe gab es in dieser Zeit nur zu besonderen Anlässen, oder sie waren ein Kennzeichen für die Familien von "besseren Leuten" wie Arzt, Apotheker oder Gutsbesitzern. Die übrigen Kinder liefen barfuß, beim Spielen genau so wie bei den Arbeiten, durch die sie ihre Familien schon mit versorgten.
Ihre nackten Füße mussten dabei mit allem zurecht kommen, was zum Landleben gehört, vom Mist in den Ställen über harte oder matschige Felder bis zu überfrorenen Viehweiden im Herbst. Die Erwachsenenen schützten hier zwar ihre eigenen Füße in Schuhen, ließen die Kinder aber bedenkenlos barfuß laufen. Dabei spielten Armut und Sparsamkeit eine Rolle, weil es vielleicht nur ein Paar oder gar keine Schuhe für die Kinder gab, aber es wurde auch keine Notwendigkeit gesehen, die Füße der Kinder zu schützen. Sie gewöhnen sich an nahezu alles, wenn Kinder ständig barfuß laufen, das wussten die Erwachsenen aus der eigenen Kindheit.
Wie Kinder ihre Füße trainierten und ihre Sohlen abhärteten, um überall barfuß laufen zu können, beschreibt Walter Hösl für die Kindheit in den 1940er und 1950er Jahren in der bayrischen Hallertau:
"Nach der Getreideernte bin ich wie andere Kinder auch, nachdem der Bauer das Feld abgerecht hatte, zum Ehern gegangen. Bevor der Bauer, dem das Getreidefeld gehörte, dieses nach dem Heimfahren der Garben abgerecht hatte, war es verboten, die noch liegen gebliebenen Ähren zu sammeln. Sobald ein Bauer mit dieser Arbeit fertig war, sind wir Kinder auf dieses Feld zum Ehern gekommen.
Bei dieser Tätigkeit waren wir Kinder nicht nur stolz darauf, nach einem langen, arbeitsreichen Nachmittag volle Säcke oder große Bündel mit Getreideähren nach Hause zu bringen und von den Eltern entsprechend gelobt zu werden. Stolz waren wir vor allem deswegen, weil wir barfuß über die Stoppelfelder laufen konnten, ohne uns die Füße und Zehen an den harten und scharfen Stoppeln der kurz über der Erde abgemähten Getreidehalme zu verletzen.
Eine besondere Technik half dabei: Man musste die Zehen möglichst fest zusammenkrallen, damit die weichen Hautteile unter den Zehen geschützt blieben. Die Ferse, die Fußsohlen und die Zehenballen waren durch das Barfußlaufen seit dem Frühjahr bereits von einer harten Haut überzogen und so geschützt. Wer seine Füße, nachdem er den ganzen Tag barfuß gelaufen ist, am Abend nicht ordentlich gewaschen hat, der konnte zur Zeit des Eherns bereits einen richtigen Bamhackl haben. Bei einem Bamhackl ist die Haut an den Fußsohlen besonders dick und hart, kann aber auch leicht Risse bekommen (Schmeller, Bayerisches Wörterbuch, Bd. 1/1, Sp. 240)."

Der Bericht zeigt auch, dass für die Kinder selbst das Barfußlaufen nichts Schlimmes war, obwohl es wegen der Armut oder Sparsamkeit ihrer Eltern keine Alternative dazu gab. Sie mussten barfuß laufen, aber sie waren damit einverstanden und stolz darauf, abgehärtete Füße zu haben und überall barfuß laufen zu können. Es war gut für ihr Selbstbewusstsein, wenn sie den Gleichaltrigen, aber auch den Erwachsenen zeigten, dass sie keine Schuhe brauchten.
Zuletzt geändert von Zeitungsjunge am So 17. Jan 2021, 10:55, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Wie Barfußkinder in Dörfern früher ihre Sohlen abhärtete

Beitragvon Khu » Sa 16. Jan 2021, 20:00

Zeitungsjunge hat geschrieben:In den Dörfern gehörte früher das Barfußlaufen für Kinder zum Alltag mindestens von Frühling bis Herbst. Schuhe gab es in dieser Zeit nur zu besonderen Anlässen, oder sie waren ein Kennzeichen für die Familien von "besseren Leuten" wie Arzt, Apotheker oder Gutsbesitzern. Die übrigen Kinder liefen barfuß, beim Spielen genau so wie bei den Arbeiten, durch die sie ihre Familien schon mit versorgten.
Ihre nackten Füße mussten dabei mit allem zurecht kommen, was zum Landleben gehört, vom Mist in den Ställen über harte oder matschige Feldern bis zu überfrorenen Viehweiden im Herbst. Die Erwachsenenen schützten hier zwar ihre eigenen Füße in Schuhen, ließen die Kinder aber bedenkenlos barfuß laufen. Dabei spielten Armut und Sparsamkeit eine Rolle, weil es vielleicht nur ein Paar oder gar keine Schuhe für die Kinder gab, aber es wurde auch keine Notwendigkeit gesehen, die Füße der Kinder zu schützen. Sie gewöhnen sich an nahezu alles, wenn Kinder ständig barfuß laufen, das wussten die Erwachsenen aus der eigenen Kindheit.
Wie Kinder ihre Füße trainierten und ihre Sohlen abhärteten, um überall barfuß laufen zu können, beschreibt Walter Hösl für die Kindheit in den 1940er und 1950er Jahren in der bayrischen Hallertau:
"Nach der Getreideernte bin ich wie andere Kinder auch, nachdem der Bauer das Feld abgerecht hatte, zum Ehern gegangen. Bevor der Bauer, dem das Getreidefeld gehörte, dieses nach dem Heimfahren der Garben abgerecht hatte, war es verboten, die noch liegen gebliebenen Ähren zu sammeln. Sobald ein Bauer mit dieser Arbeit fertig war, sind wir Kinder auf dieses Feld zum Ehern gekommen.
Bei dieser Tätigkeit waren wir Kinder nicht nur stolz darauf, nach einem langen, arbeitsreichen Nachmittag volle Säcke oder große Bündel mit Getreideähren nach Hause zu bringen und von den Eltern entsprechend gelobt zu werden. Stolz waren wir vor allem deswegen, weil wir barfuß über die Stoppelfelder laufen konnten, ohne uns die Füße und Zehen an den harten und scharfen Stoppeln der kurz über der Erde abgemähten Getreidehalme zu verletzen.
Eine besondere Technik half dabei: Man musste die Zehen möglichst fest zusammenkrallen, damit die weichen Hautteile unter den Zehen geschützt blieben. Die Ferse, die Fußsohlen und die Zehenballenwaren durch das Barfußlaufen seit dem Frühjahr bereits von einer harten Haut überzogen und so geschützt. Wer seine Füße, nachdem er den ganzen Tag barfuß gelaufen ist, am Abend nicht ordentlich gewaschen hat, der konnte zur Zeit des Eherns bereits einen richtigen Bamhackl haben. Bei einem Bamhackl ist die Haut an den Fußsohlen besonders dick und hart, kann aber auch leicht Risse bekommen (Schmeller, Bauyerisches Wörterbuch, Bd. 1/1, Sp. 240)."

Der Bericht zeigt auch, dass für die Kinder selbst das Barfußlaufen nichts Schlimmes war, obwohl es wegen der Armut oder Sparsamkeit ihrer Eltern keine Alternative dazu gab. Sie mussten barfuß laufen, aber sie waren damit einverstanden und stolz darauf, abgehärtete Füße zu haben und überall barfuß laufen zu können. Es war gut für ihr Selbstbewusstsein, wenn sie den Gleichaltrigen, aber auch den Erwachsenen zeigten, dass sie keine Schuhe brauchten.


Das hatte mich nun interessiert und da habe ich gleich das hier gefunden:
https://www.br.de/br-fernsehen/sendunge ... mi100.html

Das "Bamhackl" hat also nix spezeiell mit Füßen zu tun - mein erster Gedanke war, "Bam" von Baum und "Hackl" von Hacken, also "Hacken wie eine Baumrinde", aber es kommt wohl von "Baum" und "Axt" --> rissige Haut im allgemeinen, die aussieht, als hätte man eine Baumrinde mit dem "Hackl", also der Axt, bearbeitet.
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Re: Wie Barfußkinder in Dörfern früher ihre Sohlen abhärtete

Beitragvon Jojo » Sa 16. Jan 2021, 22:22

Khu hat geschrieben:Das hatte mich nun interessiert und da habe ich gleich das hier gefunden:
https://www.br.de/br-fernsehen/sendunge ... mi100.html

Das "Bamhackl" hat also nix spezeiell mit Füßen zu tun - mein erster Gedanke war, "Bam" von Baum und "Hackl" von Hacken, also "Hacken wie eine Baumrinde", aber es kommt wohl von "Baum" und "Axt" --> rissige Haut im allgemeinen, die aussieht, als hätte man eine Baumrinde mit dem "Hackl", also der Axt, bearbeitet.

Da kann sogar ich als Bayer noch etwas lernen. Ich kannte den Ausdruck nicht. Dann habe ich meine Oma gefragt. Die kannte den aber sie verwendet ihn eigentlich nicht mehr. Sie meint aber dass meine Hornhautrisse noch kein richitger Bamhackl wären. Schnief!
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Re: Wie Barfußkinder in Dörfern früher ihre Sohlen abhärtete

Beitragvon Zeitungsjunge » So 17. Jan 2021, 01:03

Jojo hat geschrieben:Dann habe ich meine Oma gefragt. Die kannte den aber sie verwendet ihn eigentlich nicht mehr. Sie meint aber dass meine Hornhautrisse noch kein richitger Bamhackl wären. Schnief!

Lach, na, das kann ja noch kommen, einfach weiter barfuß laufen.
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Re: Wie Barfußkinder in Dörfern früher ihre Sohlen abhärtete

Beitragvon Zeitungsjunge » Di 19. Jan 2021, 16:23

Für Kinder in den Dörfern war es früher normal, selten Schuhe zu tragen und die meisten Situationen und Wetterlagen mit nackten Füßen zu bewältigen. Trotzdem ist offenbar vielen besonders im Gedächtnis geblieben, dass sie auch auf Stoppelfeldern barfuß laufen konnten. Dieser Bericht kommt aus Ostpreußen. Er steht in dem Buch "Zwei Wege aus Ostpreussen: Erinnerungen" von Fritz Bonin:
"Im Sommer liefen wir immer barfuss, sogar auf den Stoppelfeldern. Die Technik war einfach: Man schleifte die Füsse möglichst tief über dem Boden, dabei wurden die Stoppeln abgeknickt und pieksten nicht. Unsere Fusssohlen waren allerdings auch gut abgehärtet, sie hatten eine regelrechte Hornhaut. Auch über die Steine liefen wir barfuss, das war unsere unfreiwillige Reflexzonenmassage. Wenn nach einem kräftigen Gewitterrregen das Wasser in grossen Pfützen auf den Feldwegen stand, dann stampften wir ordentlich im Modder herum. So einen milden Frühlingsregen liebe ich noch heute."
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Re: Wie Barfußkinder in Dörfern früher ihre Sohlen abhärtete

Beitragvon Khu » Do 28. Jan 2021, 10:02

Jojo hat geschrieben:Da kann sogar ich als Bayer noch etwas lernen. Ich kannte den Ausdruck nicht. Dann habe ich meine Oma gefragt. Die kannte den aber sie verwendet ihn eigentlich nicht mehr. Sie meint aber dass meine Hornhautrisse noch kein richitger Bamhackl wären. Schnief!

Ich finde die Bezeichnung gut und finde, man sollte die auch heute unter Barfussläufern wieder benutzen, als bezeichnug für eine richtig verhornte und rissige Sohle. Fraglich, ob es heute noch echte Bamhackl gibt. Interessant, dass in diesem Bericht eine Verbindung zwischen der Entwicklung eine Bamhackl und dem nicht-waschen der Füße gestellt wird. Das habe ich so noch nicht feststellen können, aber habe das gefühl, dass es stark vom Boden abhängt. Wenn man auf Lehmböden arbeitet und die füße dann nicht wäscht, sondern den Schlamm eintrocknen lässt, dass kann es sein, dass die Risse besser werden. Das kann ich aber nur machen, wenn ich im Garten schlafe, da ich zu Hause das Bett nicht versauen mag. Damals hat man das aber sicherlich auch zu Hause machen können, aber es scheint individuell unterschiedliche gewesen zu sein. Manche kinder haben sich offensichtlich die Füße weniger gründlich gewaschen als andere.
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Re: Wie Barfußkinder in Dörfern früher ihre Sohlen abhärtete

Beitragvon Khu » Do 28. Jan 2021, 10:48

Jojo hat geschrieben:Da kann sogar ich als Bayer noch etwas lernen. Ich kannte den Ausdruck nicht. Dann habe ich meine Oma gefragt. Die kannte den aber sie verwendet ihn eigentlich nicht mehr.

Ich habe das in dem Originalwörterbuch von 1870 nachgelesen, dass gibt es online als PDF von der bayerischen staatbibliothek digitalisiert. Da steht aber nur:
"Baumhäckerl: Leiden an den Händen und Beinen, wenn sie durch Nässe, Kälte und dann plötzliche Wärme Risse und Schuppen bekommen. "Er had 'n Bamhackl beeutet: Die Haut an den Füßen springt ihm auf"".
Das ist also wohl die alte bezeichnung für "schrunden" und steht tatsächlich unter dem Stichwort "Baum". Ich finde, man sollte die Schrunden auch allgemein (z.B. an den Händen) als "Schrunden" bezeichnen und den Begriff "Bamhackl" wieder einführen speziell für rissige, hornige Barfussfüße.
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Re: Wie Barfußkinder in Dörfern früher ihre Sohlen abhärtete

Beitragvon Zeitungsjunge » Do 28. Jan 2021, 16:03

Khu hat geschrieben:Das ist also wohl die alte bezeichnung für "schrunden" und steht tatsächlich unter dem Stichwort "Baum". Ich finde, man sollte die Schrunden auch allgemein (z.B. an den Händen) als "Schrunden" bezeichnen und den Begriff "Bamhackl" wieder einführen speziell für rissige, hornige Barfussfüße.

Auch als Nicht-Bayer finde ich, das ist eine tolle Idee, die mehr Lebendigkeit in die Sprache bringt und außerdem die Sache ziemlich genau trifft. Durch ständiges Barfußlaufen können die Fußsohlen wirklich etwas wie Baumrinde aussehen, vor allem im Fersenbereich. Wenn sie dann noch ungewaschen und entsprechend braungrau sind, ist die Ähnlichkeit noch größer.
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Re: Wie Barfußkinder in Dörfern früher ihre Sohlen abhärtete

Beitragvon Jojo » Do 28. Jan 2021, 22:31

Khu hat geschrieben:
Jojo hat geschrieben:Da kann sogar ich als Bayer noch etwas lernen. Ich kannte den Ausdruck nicht. Dann habe ich meine Oma gefragt. Die kannte den aber sie verwendet ihn eigentlich nicht mehr. Sie meint aber dass meine Hornhautrisse noch kein richitger Bamhackl wären. Schnief!

Ich finde die Bezeichnung gut und finde, man sollte die auch heute unter Barfussläufern wieder benutzen, als bezeichnug für eine richtig verhornte und rissige Sohle. Fraglich, ob es heute noch echte Bamhackl gibt. Interessant, dass in diesem Bericht eine Verbindung zwischen der Entwicklung eine Bamhackl und dem nicht-waschen der Füße gestellt wird. Das habe ich so noch nicht feststellen können, aber habe das gefühl, dass es stark vom Boden abhängt. Wenn man auf Lehmböden arbeitet und die füße dann nicht wäscht, sondern den Schlamm eintrocknen lässt, dass kann es sein, dass die Risse besser werden. Das kann ich aber nur machen, wenn ich im Garten schlafe, da ich zu Hause das Bett nicht versauen mag. Damals hat man das aber sicherlich auch zu Hause machen können, aber es scheint individuell unterschiedliche gewesen zu sein. Manche kinder haben sich offensichtlich die Füße weniger gründlich gewaschen als andere.

Das mit dem nicht Waschen finde ich auch interessant. Wenn wir direkt vom Stall oder vom Matsch kamen mussten wir die Füße abspritzen bevor wir ins Haus durften. Wenn es schon getrocknet war mussten wir es nur abbröseln. Aber mit lehmverschmierten Füßen durften wir nie ins Haus. Füße mit Seife waschen mussten wir nie.
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Re: Wie Barfußkinder in Dörfern früher ihre Sohlen abhärtete

Beitragvon Feet01 » So 31. Jan 2021, 13:11

Die Arbeiter Kinder waren doch früher auch in den Städten barfuß und hatten bestimmt auch das die immer barfuß gelaufen sind abgehärtete Fußsohlen.
37593822095_b8d413ca95_o.jpg
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Re: Wie Barfußkinder in Dörfern früher ihre Sohlen abhärtete

Beitragvon Zeitungsjunge » So 31. Jan 2021, 17:02

Feet01 hat geschrieben:Die Arbeiter Kinder waren doch früher auch in den Städten barfuß und hatten bestimmt auch das die immer barfuß gelaufen sind abgehärtete Fußsohlen.

Mit Sicherheit hatten die Arbeiterkinder in den Städten auch abgehärtete Fußsohlen, wenn sie immer barfuß liefen. Das geschah sicher meistens auf harten Böden, was für das Bilden einer robusten Lederhaut an den Sohlen auch gut war.
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Arbeiterkinder barfuß in der Stadt

Beitragvon tiptoe » So 31. Jan 2021, 17:21

Richtig, leider bedeutete "Arbeiterkinder" allzu oft, dass ihr leben nicht etwa aus schule und freizeit bestand, sondern sie schon sehr jung teils gefährliche arbeiten in fabriken und bergwerken machen mussten und so zum kargen familieneinkommen beitrugen. Das bild könnte so eine fabrikbelegschaft zeigen.

Kinderarbeit wurde in Deutschland erst 1904 (in familienbetrieben 1906) abgeschafft, in der landwirtschaft bestand sie noch deutlich länger. https://de.wikipedia.org/wiki/Kinderarbeit

Kinderarbeit im bergwerk ca. 1850, die stollen waren für erwachsene zu eng und es war heiß, die kinder arbeiteten barfuß, mit nacktem oberkörper und ohne jegliche schutzausrüstung:

Bild
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Re: Arbeiterkinder barfuß in der Stadt

Beitragvon Zeitungsjunge » So 31. Jan 2021, 17:28

tiptoe hat geschrieben:Richtig, leider bedeutete "Arbeiterkinder" allzu oft, dass ihr leben nicht etwa aus schule und freizeit bestand, sondern sie schon sehr jung teils gefährliche arbeiten in fabriken und bergwerken machen mussten und so zum kargen familieneinkommen beitrugen. Das bild könnte so eine fabrikbelegschaft zeigen. Kinderarbeit wurde in Deutschland erst 1904 (in familienbetrieben 1906) abgeschafft, in der landwirtschaft bestand sie noch deutlich länger.

Danke für die Hinweise. Ja, so war es leider. Es hat auch in Deutschland lange gedauert, bis Kinder einigermaßen davor geschützt wurden, ausgebeutet und misshandelt zu werden. In vielen anderen Ländern haben sie diesen Schutz immer noch nicht.
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Re: Arbeiterkinder barfuß in der Stadt

Beitragvon Khu » Mo 1. Feb 2021, 20:06

tiptoe hat geschrieben:Richtig, leider bedeutete "Arbeiterkinder" allzu oft, dass ihr leben nicht etwa aus schule und freizeit bestand, sondern sie schon sehr jung teils gefährliche arbeiten in fabriken und bergwerken machen mussten und so zum kargen familieneinkommen beitrugen. Das bild könnte so eine fabrikbelegschaft zeigen.

Kinderarbeit wurde in Deutschland erst 1904 (in familienbetrieben 1906) abgeschafft, in der landwirtschaft bestand sie noch deutlich länger. https://de.wikipedia.org/wiki/Kinderarbeit

Kinderarbeit im bergwerk ca. 1850, die stollen waren für erwachsene zu eng und es war heiß, die kinder arbeiteten barfuß, mit nacktem oberkörper und ohne jegliche schutzausrüstung:


Auch da haben wir in Deutschland überraschenderweise einen Vorteil, vor allem bedingt durch die Regulierungen und Sozialabsicherungen, die ab Reichsgründung eingeführt werden. In Großbritannien war es z.B. noch lange üblich, dass Kinder zum Kaminkehren einsetzt wurden, als es in Deutschland schon Vorschriften für Schutzkleidung der Erwachsenen Kaminkehrer gab. Mit 1904 war Deutschland recht früh bei der Abschaffung der Kinderarbeit - selbst in den USA ist sie in Famlienzusammenhängen heute noch erlaubt, sogar, seine Kinder dafür aus der Schule zu nehmen!
Ich vermute, das eine Bild oben ist aus einer US-Amerikanischen Baumwollfabrik, das war lange ein typischer Arbeitsplatz für Kinder. Die arbeiten dort barfuss, weil die Stiefel damals mit Metall beschlagen waren und Funken schlagen können, die dann die Mischung aus Öl und Baumwolle auf dem Boden entzünden konnten.
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Re: Arbeiterkinder barfuß in der Stadt

Beitragvon Zeitungsjunge » Mo 1. Feb 2021, 22:26

Khu hat geschrieben:Auch da haben wir in Deutschland überraschenderweise einen Vorteil, vor allem bedingt durch die Regulierungen und Sozialabsicherungen, die ab Reichsgründung eingeführt werden. In Großbritannien war es z.B. noch lange üblich, dass Kinder zum Kaminkehren einsetzt wurden, als es in Deutschland schon Vorschriften für Schutzkleidung der Erwachsenen Kaminkehrer gab. Mit 1904 war Deutschland recht früh bei der Abschaffung der Kinderarbeit - selbst in den USA ist sie in Famlienzusammenhängen heute noch erlaubt, sogar, seine Kinder dafür aus der Schule zu nehmen!
Ich vermute, das eine Bild oben ist aus einer US-Amerikanischen Baumwollfabrik, das war lange ein typischer Arbeitsplatz für Kinder. Die arbeiten dort barfuss, weil die Stiefel damals mit Metall beschlagen waren und Funken schlagen können, die dann die Mischung aus Öl und Baumwolle auf dem Boden entzünden konnten.

Ich befasse mich viel mit Geschichte, aber das wusste ich nicht. Vielen Dank für die interessanten Informationen.
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Re: Arbeiterkinder barfuß in der Stadt

Beitragvon Khu » Di 2. Feb 2021, 09:53

chimney.jpg
Zeitungsjunge hat geschrieben:
Khu hat geschrieben:Auch da haben wir in Deutschland überraschenderweise einen Vorteil, vor allem bedingt durch die Regulierungen und Sozialabsicherungen, die ab Reichsgründung eingeführt werden. In Großbritannien war es z.B. noch lange üblich, dass Kinder zum Kaminkehren einsetzt wurden, als es in Deutschland schon Vorschriften für Schutzkleidung der Erwachsenen Kaminkehrer gab. Mit 1904 war Deutschland recht früh bei der Abschaffung der Kinderarbeit - selbst in den USA ist sie in Famlienzusammenhängen heute noch erlaubt, sogar, seine Kinder dafür aus der Schule zu nehmen!
Ich vermute, das eine Bild oben ist aus einer US-Amerikanischen Baumwollfabrik, das war lange ein typischer Arbeitsplatz für Kinder. Die arbeiten dort barfuss, weil die Stiefel damals mit Metall beschlagen waren und Funken schlagen können, die dann die Mischung aus Öl und Baumwolle auf dem Boden entzünden konnten.

Ich befasse mich viel mit Geschichte, aber das wusste ich nicht. Vielen Dank für die interessanten Informationen.

Etwas Offopic, aber zu den Schornsteinfegern:
Im viktorianischen England wurden kleine Kinder, die vorher von ihren Eltern an Schornsteinfegermeister verkauft wurden (meist vom Land) in die Schornsteine geschickt, die sie dann durch klettern in den Schornsteinen mit ihren Körpern reinigten. Oft verkeilten sie sich dabei und starben, manchmal wurden sie dann einfach in den Schornsteinen stecken gelassen - es gibt Geschichten, nach denen man teilweise Tagelang das Schreien dieser verkeilten Kinder aus den Wänden hörte, bis sie dann verstummten! Diese Praxis wurde erst 1875 verboten. In Deutschland hingegen gab es da sogar schon Arbeitsschutzvorschriften für die erwachsenen Kaminkehrer. Kinder in den Schornsteinen wurden übrigens auch in der Schweiz und Italien eingesetzt, traditionell Jungs ab 8 Jahren nur aus ganz bestimmten Tälern.
Das mit den Baumwollspinnereien habe ich mal in einer Geschichtsdoku mit Tony Robins gesehen, der verschiedene "ausgestorbene Berufe" erkundet. Da wird gesagt, dass die Jungs in den Spinnereien ihre Schuhe ausziehen mussten, wenn sie metallbeschlagene Stiefel trugen, um Funkenschlag zu verhindern. Kannst Du bei Youtube finden.

Auf dem Bild sieht man den Vergleich: Rechts das Kind in normaler Kleidung in England, links der Erwachsene in Schutzkleidung in Deutschland. Die Unterschiede sind enorm!
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Schornsteinfeger

Beitragvon tiptoe » Di 2. Feb 2021, 10:19

Die geschichte mit steckengebliebenen kinderleichen erscheint mir allzu schauderhaft, gibt es dafür eine quelle? Dass allerdings kinder in die sehr engen schornsteine klettern mussten, um diese zu reinigen, eine harte, dreckige und ungesunde arbeit, ist verbürgt, darüber gibt es auch romane und filme ("Die schwarzen Brüder").

Hier eine stereoaufnahme junger schornsteinfeger in Georgia/USA ca. 1870:
Bild
quelle und volle auflösung: https://www.flickr.com/photos/depthandtime/5385899917

In einem gemälde von Frederick Daniel Hardy beobachten kinder neugierig einen kaminkehrer unbestimmten alters bei der arbeit, von dem nur die verrußten nackten füße zu sehen sind:
Bild
https://www.flickr.com/photos/amber-tree/50494443888
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Re: Arbeiterkinder barfuß in der Stadt

Beitragvon Barfußboy » Di 2. Feb 2021, 10:23

Khu hat geschrieben:Auch da haben wir in Deutschland überraschenderweise einen Vorteil, vor allem bedingt durch die Regulierungen und Sozialabsicherungen, die ab Reichsgründung eingeführt werden. In Großbritannien war es z.B. noch lange üblich, dass Kinder zum Kaminkehren einsetzt wurden, als es in Deutschland schon Vorschriften für Schutzkleidung der Erwachsenen Kaminkehrer gab. Mit 1904 war Deutschland recht früh bei der Abschaffung der Kinderarbeit - selbst in den USA ist sie in Famlienzusammenhängen heute noch erlaubt, sogar, seine Kinder dafür aus der Schule zu nehmen!
Ich vermute, das eine Bild oben ist aus einer US-Amerikanischen Baumwollfabrik, das war lange ein typischer Arbeitsplatz für Kinder. Die arbeiten dort barfuss, weil die Stiefel damals mit Metall beschlagen waren und Funken schlagen können, die dann die Mischung aus Öl und Baumwolle auf dem Boden entzünden konnten.


Zu dem Kaminkehrer Thema gibt es ein sehr interessantes Buch: "Die Schwarzen Brüder" von Lisa Tetzner.
In dem Buch geht es um den Jungen Georgio, der mit seiner Familie, Mutter, Vater, zwei kleine Brüder (Zwillinge) und eine Großmutter, in einem kleinen Dorf im Tessin in einem winzigen haus lebt. Sie haben gerade so genug um davon leben zu können, da sie ein paar Tiere und ein bisschen Ackerfläche besitzen. Da das aber nicht genug ist um etwas daran zu verdienen, müssen sie sich gelegentlich Geld leihen und haben für die Kinder keine "ausreichende" Kleidung, weshalb Georgio den größten Teil des Buches Barfuß geht und nur in eine einfachen von einem Strick gehaltenen stoffhose und eine alten Hemd gekleidet ist.
Im ersten Jahr in dem wir Georgios Familie im schneldurchlauf begleiten, verlieren sie durch mehrere Unglücke einen Teil ihrer Tiere und fast die gesamte Ernte. Deswegen wird Georgio dann von seiner Familie an einen Mann "verkauft" um in Meiland als Kaminkehrer zu arbeiten.
Im verlaufe der Geschichte lernt man wie solche Jungen damals unter schlimmsten Bedingungen arbeiten mußten. Da sie nur die Kleidung hatten die sie am Leib trugen, mussten sie auch im Winter barfuß bleiben und im Extremfall in noch heiße Kamine steigen wobei sie sich schon mal die Fußsohlen verbrannten!
Ich kann jedem empfehlen das Buch zu lesen.
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Re: Schornsteinfeger

Beitragvon Khu » Di 2. Feb 2021, 13:03

tiptoe hat geschrieben:Die geschichte mit steckengebliebenen kinderleichen erscheint mir allzu schauderhaft, gibt es dafür eine quelle? Dass allerdings kinder in die sehr engen schornsteine klettern mussten, um diese zu reinigen, eine harte, dreckige und ungesunde arbeit, ist verbürgt, darüber gibt es auch romane und filme ("Die schwarzen Brüder").


Da gibt es viele Quellen, die ich jetzt aber nicht zur Hand habe, aber die mir immer wieder im Netz entgegenkamen, insbesondere aus zeitgenössischen Berichten von (den wenigen) Menschen, die sich damals schon für Kinderrechte eingesetzt hatten. Nun kann es natürlich sein, dass diese Personen in ihren Berichten damals schon übertrieben haben, aber es gibt auch einige Berichte in "neutralen" zeitungen aus der viktorianischen Zeit.

Erst vor kurzem wurden z.B. die Schornsteine des englischen Parlaments untersucht, weil man dort noch Leichen von Kaminkehrkindern vermutete:
https://www.thesun.co.uk/news/8615000/d ... t-warning/

Das ist heute unvorstellbar, aber im viktoriansichen England gab es einen ganz anderen Umgang mit Leichen, als wir es uns heute vorstellen können. Ein Beispiel ist dafür auch die "Enol Chapel", eine Kapelle in London. Weil die Friedhöfe voll waren, hat man dort die Leichen in ihren Särgen einfach in den Keller gestellt und dort verrotten lassen. Mitten in einem Wohngebiet standen da 1000e Leichen im Keller, die die gesamte Nachbarschaft verpestet hatten.
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Re: Wie Barfußkinder in Dörfern früher ihre Sohlen abhärtete

Beitragvon Zeitungsjunge » Mi 3. Feb 2021, 14:23

Nach dem Ausflug in die graue Welt der Schornsteinfeger und Fabriken möchte ich den Blick doch noch mal auf den bunteren barfüßigen Alltag richten, den Kinder früher in den Dörfern erlebten. Der Münchener Maler Franz von Lenbach hat öfter barfüßige Kinder auf dem Land dargestellt, so auch 1860 diesen "Knaben in der Sonne". Die nackten Füße des Bauernjungen sind eindeutig vom monatelangen Barfußlaufen geformt und gefärbt.
Dateianhänge
Franz_von_Lenbach_-_Knabe_in_der_Sonne_1860_-_(MeisterDrucke-804596).jpg
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